Grußwort der Vorsitzenden Rechtsanwältin Andrea Giritsch-Hesse zur 100-Jahr-Feier des Amtsgerichts Dieburg am 01.07.2006
[blockquote]“Als Vorsitzende des Dieburger Anwaltskreises e.V. reihe ich mich gerne in den Kreis der Gratulanten ein und überbringe hiermit dem Jubilar, unserem Amtsgericht, die herzlichsten Glückwünsche.
Im Vorfeld dieses Jubiläums habe ich einmal versucht herauszufinden, wieviele Kollegen in der ersten Zeit hier zugelassen waren. Dazu mußten die alten Generalakten aus dem Keller hervorgeholt werden Dabei war mir Herr Cieminski von der Verwaltung freundlicherweise behilflich. Den Unterlagen war zu entnehmen, dass im Jahr 1910 gerade mal 1 Anwalt namnes Vogel, zugelassen war, wohl ein Nur-Amtsgerichts-Anwalt, da erst ab 1927 die Simultanzulassung beim Amts-und Landgericht möglich wurde.
Diese Nur-Amtsgerichts-Anwälte wurden übrigens oft als „Schmalspuranwälte” bezeichnet, ihnen wurden Reputation und Verdienstmöglichkeiten vorenthalten.
Im Jahre 1937 waren 2 Anwälte zugelassen, der bereits genannte RA Vogel und RauN Ittmann und im Jahre 1948 3 Anwaltsnotare (Dr. von Schreitter-Schwarzenfeld, Dr. Schott und Heyl)
Erst 50 Jahre nach der Gründung, nämlich im Jahre 1955, wurde die erste Anwältin zugelassen, mit Simultanzulassung beim LG DA, RAin Blaschek aus Eppertshausen.
Dies ist sicher darauf zurückzuführen, dass zwar gegen Ende der 20er Jahre die ersten Frauen das große Staatsexamen ablegten, aber nur wenige die Zulassung zur Anwaltschaft beantragten. Es herrschte nämlich die Meinung vor, dass Frauen zu rationalen Überlegungen nicht fähig seien. Sie würden sich in hohem Maße von ihren Gefühlen leiten lassen, was sie für diesen Beruf völlig ungeeignet mache.
Die Zeiten haben sich Gott sei Dank geändert. Seit fast 8 Jahren in Folge haben wir sogar eine Bundes-Justizministerin. Die amtierende weilt ja heute unter uns.
Und nun, 100 Jahre später, sind insgesamt 106 Anwälte beim Amtsgericht Dieburg zugelassen (68 Rechtsanwälte und 38 Rechtsanwältinnen). Dies ergab eine Anfrage bei der RA-Kammer.
Wir Anwälte, bzw. Anwältinnen sind mittlerweile nicht mehr nur Organ der Rechtspflege, sondern wir sehen uns vielmehr auch als Dienstleister und somit Unternehmer.
Nach wie vor ist es aber unsere Aufgabe, den Bürgern vor Ort zu ihrem Recht zu verhelfen.
Wir tragen durch unsere Tätigkeit somit zum Funktionieren der Rechtsordnung bei und sind Garant für die Qualität unseres Rechtsstaates.
Dazu brauchen wir das Gericht, wobei nicht unerwähnt bleiben soll, dass wir als Anwälte eine wichtige Filterfunktion haben.
Und was wäre ein Gericht ohne die Anwaltschaft?
Das Kooperationsverhältnis zwischen der Anwaltschaft und dem Amtsgericht Dieburg kann als gut bezeichnet werden.
Wir können uns jedenfalls i.d.R. nicht über mangelnde Effizienz, mangelnde Qualität oder eine zu lange Dauer der Verfahren beklagen.
Deshalb möchte ich an dieser Stelle auch im Namen meiner Kollegen einen Dank aussprechen, und zwar der Richterschaft für das gute Verhältnis und die effiziente Zusammenarbeit, aber auch allen Mitarbeitern für den angenehmen Umgang miteinander. Ich meine damit insbesondere die Hilfsbereitschaft, die Unkompliziertheit, aber auch die Publikumsfreundlichkeit.
Jubiläen sind langfristige Wiedervorlagen.
Ich habe mir daher bereits vorsorglich den 01. Juli 2030 notiert, für mein nächstes Grußwort.“[/blockquote]